Algenprobleme im Süßwasseraquarium
Dipl.-Ing. (FH) Lars Sebralla
www.lars-sebralla.de

Erschienen in Nr. 151 Feb./März 2000

Süsswasseraquaristik wäre nur halb so schön, gäbe es die Pflanzen nicht. Aber nicht alle Pflanzen sind im Aquarium beliebt. Algen, die auch Pflanzen sind, können den Aquarianer oft zur Verzweiflung bringen. Fadenalgen sind, wie ihr Name schon sagt, Algen, die wie Fäden aussehen. Sie können aus einem einzigen Faden bestehen, verzweigen sich aber auch. Ihre Farbe variiert stark von dunkelgrün (fast schwarz) über grün bis hellbraun. Die Länge variiert von 0,5 mm an aufwärts.

Fadenalgen überwachsen sowohl Pflanzen als auch die Dekoration sowie technische Gegenstände im Aquarium. Man findet sie oft in Bereichen, wo es kaum Strömung gibt. Eine fast schwarze Alge, die wie ein kleiner Rasierpinsel aussieht, wird daher auch "Pinselalge" genannt. Aus ihrer Basis wachsen viele einzelne Fäden heraus. In dichten Beständen entsteht ein kompakter Teppich.

Pinselalgen überziehen Pflanzen und Dekorartionsmaterial, aber auch Filter, Sauger, Schläuche etc. Die Fadenlänge überschreitet in der Regel nicht 2 cm. Pinselalgen wachsen meistens direkt in der Strömung, die etwa durch einen Filterauslauf erzeugt wird.
 

Pinselalgen auf Anubia nana

Färbt sich das Wasser plötzlich innerhalb weniger Tage grünlich bis grün und beträgt die Sicht nur noch wenige Zentimeter ins Aquarium hinein, dann sind Schwebealgen in Massen im Wasser vorhanden. Fische und Pflanzen sind kaum noch zu sehen. Diese Erscheinung bezeichnet der Aquarianer oft als "Algenblüte". Eingeschleppt werden diese Algen z. B. durch Wasser aus Quellen, die von Oberflächenwasser gespeist werden. Aber auch durch Lebenfutter können sie eingeschleppt werden. Diese Algen benötigen kein Siedlungssubstrat, sie schweben frei im Wasser. Eine große Gefahr für das gesamte Aquarium besteht vor allem darin, daß es nachts zu einem starken Sauerstoffmangel kommen kann. Denn die Pflanzen, also auch die Algen, produzieren tagsüber Sauerstoff und verbrauchen Kohlendioxid, aber nachts benötigen sie Sauerstoffe (wie die Fische auch) und produzieren Kohlenstoffdioxid. Durch diesen Sauerstoffmangel werden Fische und Bakterien im Aquarium geschädigt. Es kann sogar zum Verlust von Fischen kommen. Deshalb muß unbedingt eine starke Belüftung des Wassers mit einer Membranpumpe erfolgen.

Auf der Dekoration, am Boden oder auf Pflanzen entsteht plötzlich ein Überzug in den Farben dunkelgrün bis türkis, der flächig alles überzieht. Entfernt man diesen nach Moder riechenden Teppich, so ist er meistens nach einem Tag wieder vorhanden – oft sogar stärker als vorher. Man spricht hierbei von "Schmieralgen". Es handelt sich jedoch nicht um Algen, sondern um Bakterien, genauer um Cyanobakterien. Dieses Massenauftreten kann regelmäßig bei Aquarien beobachtet werden, die einen pH-Wert von über 7,0 besitzen. Meistens ist die Wasserbelastung auch zusätzlich sehr hoch.


Ursachen für den Algenwuchs
Bevor der Aquarianer die Algen bekämpft oder nach oft mehrfacher erfolgloser Bekämpfung überlegt, sein Hobby gar aufzugeben, sollte er sich Gedanken über die Gründe für den Algenwuchs machen.

Somit heißt die Devise:
1. suchen,
2. erkennen,
3. beseitigen der Ursachen

Erst dann hat auch eine Bekämpfung der Algen einen Sinn, weil ja jetzt ihre Grundlage für das Wachstum beseitigt werden kann. Die drei Hauptursachen für den Algenwuchs sind:

1. Nitrat
2. Phosphat
3. Beleuchtung
 

Nitrat (NO3-)
Das Nitrat bringt der Aquarianer selbst ins Aquarium, ohne es überhaupt zu wissen. Nitrat entsteht direkt im Aquarium als Endprodukt der Nitrifikation. Nitrifikation heißt, stark vereinfacht, daß einige Giftstoffe im Aquarium in Nitrat umgewandelt werden. Diese Nitrifikation kann nur erfolgen, wenn Sauerstoff (O2) ausreichend vorhanden ist, d.h. im aeroben Bereich. Durch die Zugabe von Futter wird der Stickstoffkreislauf gestartet. Das erste Abfallprodukt, das im Aquarium durch die Zersetzung von Eiweißen, Pflanzen oder Futterreste, sowie durch Fischausscheidungen und Verrottungsprozesse entsteht, ist Ammonium (NH4+), wenn der pH-Wert unter 7 liegt. Liegt der pH-Wert über 7, so entsteht auch sehr giftiger Ammoniak (NH3), der viel giftiger als Ammonium ist. Bakterien der Gattung Nitrosomonas wandeln nun das Ammonium bzw. das Ammoniak mittels des im Wasser gelösten Sauerstoffs (O2) in Nitrit (NO2-) um, also

NH4+/NH3 NO2-

In einem nächsten Schritt wandeln Bakterien der Gattung Nitrobacter das Nitrit mittels Sauerstoff (O2) in das weniger giftige Nitrat ( NO3-) um, also

NO2-  NO3-

Das Nitrat reichert sich nun im Aquarium an und muß entfernt werden. Eine weiter Quelle für Nitrat ist das Auftauwasser von Frostfutter. Wird das Frostfutter zwar vor der Fütterung aufgetaut, aber das aufgetaute Futter mit der Futterbrühe ins Aquarium gegeben. Bemerkenswerte Ergebnisse ergibt dann ein Nitrattest von dieser "Brühe"! Deshalb ist es unbedingt erforderlich, das aufgetaute Frostfutter vor dem Verfüttern gründlich unter fließendem Wasser (z.B. mittels eines Teesiebes) gründlich zu spülen. Erst jetzt kann es verfüttert werden, ohne das Aquarium unnötig mit Schadstoffen zu belasten. Eine weitere Nitratquelle ist das verwendete Ausgangswasser. Im Leitungswasser sind leider 50 mg/L erlaubt. Manches Quellwasser übertrifft diesen Wert noch. Hier muß vor der Verwendung der Nitratgehalt überprüft werden. Einige Präparate oder Filtermaterialen, die sich im Aquarium befinden, enthalten ebenfalls mitunter Nitrat. Hier sollte ein bewußter Aquarianer vorher einen Nitrattest durchführen, damit er keine Überraschung erlebt. Bereits bei Konzentrationen von über 25 mg/L im Süßwasseraquarium kann der Algenwuchs stark gefördert werden.

Nitratentfernung
Da sich das Nitrat im Aquarium anreichert, muß der Aquarianer für die Entfernung sorgen. Eine sichere Methode ist der Teilwasserwechsel. Das verwendete Ausgangswasser sollte kein oder nur sehr wenig Nitrat enthalten. Verschiedene Kunstharze finden Einsatz bei der Nitratentfernung. Sie können das Ausgangswasser von Nitrat befreien, aber auch direkt im Filterkreislauf eingesetzt werden. Dort entfernen Sie kontinuierlich das anfallende Nitrat. Kunstharze, genauer Ionenaustauscher, reichern dabei das Wasser aber mit Salzen an und verschieben somit das Ionengleichgewicht, d. h. vereinfacht den Salzgehalt. Auch hier kann nicht auf einen Wasserwechsel verzichtet werden, da sonst das Aquarienwasser immer salziger wird. Der Fachhandel bietet viele Kunstharze an, z.B. Optifinal oder Preis Presal. Nitrat kann auch durch Bakterien abgebaut werden. Diese sogenannte Denitrifikation erfolgt nur dann, wenn kein Sauerstoff (O2) vorhanden ist, d.h. im anaeroben Bereich. Somit ist eine biologische Nitratentfernung in einem Aquarium nahezu ausgeschlossen. Es können beliebig viele Bakterienlösungen in das Aquarium eingebracht werden – solange Sauerstoff vorhanden ist, kann kein Nitrat abgebaut werden. Sehr einfach läßt sich Nitrat im "Wodkafilter" abbauen. Weitere Informationen sowie eine Bauanleitung zum nachbauen erfahren Sie in einer späteren Ausgabe.


Phosphat (PO43-)
Phosphat wird vor allem durch Frostfutter in das Aquarium eingeschleppt. Um dem vorzubeugen, muß das Frostfutter erst aufgetaut und anschließend gründlich unter fließendem Wasser gereinigt werden. Es gilt also dasselbe wie ober beim Nitrat. Aber auch Pflanzendünger können Phosphat enthalten. Weiterhin wird Phosphat durch Verrottungsprozesse freigesetzt. Auch das Ausgangswasser kann erhebliche Mengen an Phosphat enthalten. Deshalb gilt auch hier die Devise: erst messen, dann verwenden. Negative Auswirkungen zeigen sich in der Regel bei Konzentrationen ab 0,5 mg/L im Süßwasseraquarium wie z.B. verstärkter Algenwuchs. Eine sichere Methode zur Senkung des Phosphatgehalts ist der Teilwasserwechsel. Das Ausgangswasser darf natürlich kein Phosphat enthalten.

Für die Phosphatentfernung im Süßwasseraquarium bietet der Fachhandel verschiedene Produkte an. Diese verbergen aber zum Teil erhebliche Gefahren, z. B. können einige Aluminium an das Aquarienwasser abgeben und sorgen somit für eine Aluminiumvergiftung. Flüssige Präparate gegen Phosphat fällen dieses im Wasser aus und es bilden sich Flocken. Diese Flocken müssen aus dem Aquarium entfernt, d.h. abgesaugt oder mittels eines Schnellfiltern filtriert werden. Auch der Außenfilter sollte nach einer solchen Behandlung gereinigt werden, sonst wird das Phosphat nicht aus den Aquariensystem entfernt und kann weiterhin als Nahrung für die Algen dienen. Ein Produkt, das aus der Trinkwasseraufbereitung kommt und keine Stoffe jeglicher Art an das Aquarienwasser abgibt, ist von der Firma Rowa das Produkt "ROWAphos". Es entfernt Phosphat viel schneller als andere vergleichbare Produkte im Süß- und Meerwasseraquarium, da es sich um ein Eisenoxid handelt. Eigene Versuchsreihen zeigten eine deutlich schnellere Entfernung des Phosphates aus dem Aquarienwasser ohne das Wasser mit anderen Stoffen anzureichern.


Beleuchtung
Nicht nur die Nahrungsgrundlage, Nitrat und Phosphat, haben eine starken Einfluß auf das Algenwachstum, sondern auch die Beleuchtung. Denn jede Pflanze benötigt Licht, um die Photosynthese zu betreiben. Das Raumlicht hat einen großen Einfluß auf das Algenwachstum. Steht das Aquarium in der Nähe oder direkt gegenüber von einem Fenster, dann wird der Algenwuchs zusätzlich gefördert.

Die am meisten eingesetzte Beleuchtungsart für Süßwasserquarien sind Leuchtstoffröhren. Aber mit der Zeit verändern die Leuchtstoffröhren ihr Lichtspektrum. Bedingt durch die hohe Temperatur innerhalb der Abdeckung und das normale Vorschaltgerät, kann sich nach ca. sechs Monaten das Lichtspektrum der Röhren verändern und das Algenwachstum fördern. Dies geschieht vor allem durch das tägliche Anschalten der Röhre. Deshalb ist es unbedingt notwendig, auch den Starter der Beleuchtung mit auszutauschen. Was nutzt eine neue Leuchtstoffröhre, wenn ein alter Starter die Röhre gleich wieder schädigt. Somit sollten alle sechs Monate die Röhren und der Starter ausgetauscht werden. Um Leuchtstoffröhren zu einer höheren Lebensdauer zu verhelfen, gibt es verschiedene Möglichkeiten: Die einfachste besteht darin, den normalen Starter gegen einen elektronischen auszutauschen. Durch ein besseres Starten ohne Flackern hält die Röhre länger. Dies kann jeder ohne Probleme durchführen. Es gibt auch bereits Starter mit verschiedenen Programmen, um den Sonnenauf- und Sonnenuntergang zu simulieren. Diese elektronischen Starter müssen nicht mehr ausgetauscht werden. Durch die Verwendung eines elektronischen Vorschaltgerätes läßt sich nicht nur der Stromverbrauch reduzieren, sondern auch die Lebensdauer der Röhren erheblich steigern. Diese Aggregate benötigen keinen Starter mehr. Beim Kauf kann und sollte man auf solche Feinheiten achten. Auch eine geringere Temperatur innerhalb der Abdeckung, z.B. durch eine Lüftung, verlängert sich die Lebensdauer der Röhre erheblich. Durch die hohe Temperatur werden Beschichtungen in der Röhre geschädigt.

Bei der Farbwahl sollte das gesamte Lichtspektrum erfaßt werden. Eine Kombination aus "Power-Glo" (Fa. Weltweit) im vorderen Bereich und "Trocal 3085" (Fa. Dennerle) im hinteren Bereich haben sich als sehr positiv erwiesen. Die Beleuchtungsdauer beträgt gewöhnlich 12 bis 14 Stunden. Da die Lichtstrahlen nur einen begrenzten Lichtstrom besitzen, sollte eine Beckenhöhe von 50 cm nicht überschritten werden. Durch den Einsatz von Reflektoren läßt sich die Lichtausbeute um bis zu 50% pro Röhre steigern. Diese Reflektoren werden einfach auf die Röhre gesteckt und sind frei drehbar. Der Preis von unter 20 DM macht sich schnell bezahlt. Vor allem Streulicht, das durch die Frontscheibe des Aquariums fällt und die Scheibe mit Algen zuwuchern läßt, kann genutzt werden. Der Fußboden vor den meisten Aquarien ist hell erleuchtet. Dieses Licht fördert den Algenwuchs auf der Frontscheibe. Durch drehen des Reflektors auf der vorderen Röhre, reduziert man jenes Licht, das durch die Frontscheibe fällt. Sobald kein Licht mehr sichtbar auf dem Fußboden fällt, ist auch die Frontscheibe "beschattet". Der Algenwuchs auf der Scheibe wird auf diese Weise stark eingeschrenkt, und die Pflanzen im unteren Bereich bekommen mehr Licht.
 

Reflektoren erhöhen die Lichtausbeute und lenken das Licht
(Oberer Lichtbalken liegt auf dem Rücken)


Quecksilberdampflampen (HQL) werden zur Beleuchtung von offenen Aquarien benutzt. Die Farbwiedergabe von Fischen und Pflanzen ist allerdings nicht sehr gut. Eine Beckenhöhe von 60 cm sollte nicht überschritten werden. Pro 80 cm Aquariumlänge benötigt man eine 125 W-HQL-Lampe. Bei einer Brenndauer von 9 bis 12 Stunden sollte der Leuchtkörper alle 12 Monate ausgetauscht werden.

Metalldampflampen (HQI bzw. HIT) werden bei sehr großen und vor allem sehr hohen, offenen Aquarien einsetzt. Die Beckenhöhe sollte mindestens 70 cm betragen. Bei geringeren Höhen kommt es durch den immensen Lichtstrom zu sehr starkem Algenwachstum. Hier hilft dann nur eine dichte Schwimmpflanzendecke. Bei einer Brenndauer von 8 bis 10 Stunden sollte der Leuchtkörper alle 12 Monate ausgetauscht werden.

Halogenlampen besitzen nicht nur eine hohe Lichtausbeute, sondern sind auch sehr sparsam im Stromverbrauch. Für den Aquarieneinsatz eignen sich aber nur wenige Leuchtmittel aus dem Elekrtofachhandel. Oft fördern sie den Algenwuchs oder sind nur sehr kurzlebig. Deshalb sollte beim Kauf darauf geachtet werden, daß der Halogenbrenner für Dauerbeleuchtung geeignet ist. Mit der Halogenlampe Trocal (Fa. Dennerle) wird nicht nur eine gute Farbwiedergabe erreicht, sie fördert auch nicht den Algenwuchs. Eine Beckenhöhe von 60 cm darf jedoch nicht überschritten werden. Es werden pro 60 cm Aquariumlänge eine Halogen-Lampe mit 50 W benötigt. Bei einer Brenndauer von 9 bis 14 Stunden sollte der Leuchtkörper alle 6 bis 8 Monate ausgetauscht werden.


Beseitigung der Algen

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