Spurenelemente - Grundlagen - Nachdosierung
Dipl.-Ing. (FH) Lars Sebralla


Erschienen in Heft 377-11/00

In der folgenden Ausarbeitung werden Grundlagen zu Lösungen vereinfacht dargestellt und die Löslichkeit und das Ausfällen von Mineralien erläutert. Weiterhin wird der Einfluß der Dosierung auf den Mineralienhaushalt eines Meerwasseraquarium erläutert.

Technische Geräte sind heute die Grundvoraussetzung für eine erfolgreiche Meerwasseraquaristik. Unumstritten sind Strömungspumpen, weiterhin Leuchtstoffröhren oder HQI-Strahler als Beleuchtung, je nach Lichtbedürfnis der gepflegten Tiere. Hier besteht wohl Einigkeit, dass diese Geräte unbedingt nötig sind. Ob eine schwache Strömung, z.B. für Seepferdchenaquarien oder eine sehr starke Strömung für Steinkorallenaquarien aus dem oberen Riffbereich, nötig ist immer eine Strömung in der Meerwasseraquaristik. Ähnliches gilt für die Beleuchtung, ob Dämmerlicht oder intensive Beleuchtung mit HQI-Strahlern.

Aber jetzt gehen die Meinungen über die Notwendigkeit von weiteren technischen Geräten für die Meerwasseraquaristik schon stark auseinander. Es gibt viel pro und contra z.B. bei der Verwendung von biologischen Filtern, Eiweissabschäumers, Kalkreaktoren, etc.

Eine Steigerung dieser Meinungsverschiedenheiten und Streitigkeiten kann erreicht werden, wenn es um das Thema Ergänzungen von Mineralien und "Spurenelemente" in der Meerwasseraquaristik geht. Aber hier stellt sich bereits die Frage: Was sind überhaupt Spurenelemente? Spurenelemente ist die Bezeichnung für eine Reihe von chemischen Elementen, die der menschliche, tierische und pflanzliche Organismus nur in "Spuren" enthält, welche aber oft lebensnotwendige Aufgaben erfüllen. Ihre Wirkung entfalten die Spurenelemente nur in ionisch gelöster oder komplex gebundener Form, d.h. nicht als Feststoff, sonder in einer Lösung. Aber was bezeichnet man als Lösung?

Im weitesten Sinne sind Lösungen homogene, d.h. gleichmäßige Gemische verschiedener Stoffe, wobei auch noch das winzigste Teilvolumen der Lösung (z.B. 0,01 ml von 1000 ml) eine gleichartige Zusammensetzung aufweist. Für die Praxis bedeutet das, dass sich z.B. kein Bodensatz in der Flasche befinden darf oder sich Abscheidungen bei der Lagerung bilden dürfen. Eine Calciumhydroxidhaltige Flüssigkeit mit Bodensatz ("Kalkwasser") ist also keine Lösung.

Unter Lösungen im engeren Sinne versteht man flüssige Gemische aus mindesten 2 Komponenten. In der Aquaristik finden hauptsächlich zwei Arten von Lösungen Anwendung:
 

        >>>  Lösung von Gasen in Flüssigkeiten

        >>>  Lösung von festen Stoffen in Flüssigkeiten
 

Die erste Lösung, also das Lösen von Gasen in Flüssigkeiten, wird z.B. im Eiweissabschäumer, mit und ohne Ozon, und im Kalkreaktor mit Kohlenstoffdioxid (CO2)-Zufuhr (oft falsche Bezeichnung: Kohlendioxid) hergestellt. Die Gase werden im Aquarienwasser teilweise oder vollständig gelöst. Zum Beispiel lösen sich in einem Liter Wasser bei 20°C 880 ml Kohlenstoffdioxid (CO2) oder 31,1 ml Sauerstoff (O2). Somit löst sich Kohlenstoffdioxid (CO2) besser im Wasser als Sauerstoff (O2).

Die zweite Variante ist der in der Natur, Wissenschaft, Technik und Aquaristik bei weitem wichtigste und verbreitetste Lösungs-Typ. Ohne das Lösen von Feststoffen, z.B. Salzen in Wasser wäre eine Meerwasseraquaristik nicht möglich. Im einzelnen kann man sich den Lösungsvorgang vereinfacht wie folgt vorstellen: Wenn man einen löslichen Feststoff (z.B. Kochsalz) in ein Lösungsmittel (z.B. Wasser) legt, so lösen sich die jeweiligen äußeren, sich in Berührung mit dem Lösungsmittel befindlichen Teilchen aus dem festen Kristallgitter und bewegen sich frei in der Lösung. Im Falle von Kochsalz (NaCl) die Na+ und Cl- -Teilchen, die mit einer Hülle aus Wasser umgeben sind, siehe Abbildung 1.


  Abb.1: Lösungsvorgang eines Salzes (stark vereinfacht)


Diese verteilen sich nun gleichmäßig, d.h. homogen in der gesamten Lösung. Der Auflösungsprozeß geht so lange weiter, bis sich alle Kristalle aufgelöst haben oder die Lösung gesättigt ist, d.h. es können keine Kristalle mehr gelöst werden. Die maximale Menge, die das Lösungsmittel bei einer bestimmten Temperatur aufnehmen kann bezeichnet man als die Löslichkeit. Bei sehr geringer Löslichkeit verwendet man den Begriff des Löslichkeitsproduktes, auf den aber nicht weiter eingegangen werden soll.

Der umgekehrte Vorgang zum Lösen ist z.B. das Fällen bzw. das Ausfällen. Ein gelöster Stoff wird durch Zusätze geeigneter Substanzen ganz oder teilweise als unlöslicher Niederschlag in Form von Kristallen, Flocken oder Tröpfchen aus der Lösung ausgeschieden, siehe Abbildung 2.


Abb.2: Ausfällen eines Stoffes (stark vereinfacht)

In der Meerwasseraquaristik erfolgt diese Ausfällung z.B. bedingt durch den pH von ca. 8 in Form von Hydroxiden. Weiterhin entstehen schwerlösliche Phosphate und Carbonate. Carbonate ist die Bezeichnung für Salze und Ester der Kohlensäure (H2CO3) und haben das Anion CO32- (Carbonat). Wird nur ein Wasserstoff (H) von der Kohlensäure (H2CO3) ersetzt, so entstehen die meist gut löslichen Hydrogencarbonate. Mit wenigen Ausnahmen (Alkali-Carbonate) sind alle normalen Carbonate in Wasser schwer löslich.

Diese Problematik wird vor allem in der Meerwasseraquaristik oft nicht genug beachtet. Der Aquarianer gibt gezielt Zusätze in das Aquarienwasser und hofft nun, dass die Lebewesen im Aquarium beliebig lange Zeit haben, die nötigen Mineralien aufzunehmen. Aber schon alleine beim Calcium (Ca) kann der Aquarianer mit einem Tropftest verfolgen, dass der Gehalt an Calcium-Ionen (Ca2+) mit der Zeit abnimmt. Liegt es nur daran, dass die Bewohner des Aquariums alles aufnehmen oder gibt es auch andere Ursachen? Es stellt sich weiterhin die Frage, was mit den anderen Inhaltsstoffe, z.B. Strontium, Eisen etc., im Aquarienwasser geschieht. Und was ist mit den "Spurenelementen," die der Aquarianer gezielt dem Wasser zusetzt?

Viele Elemente fallen bei einem pH von über 8 z.B. als Carbonate im Meerwasseraquarium aus. Im Aquarienwasser ist genug Carbonat vorhanden und ermöglichen so die Ausfällung der extra vom Aquarianer zugesetzten Elemente. Aber nicht nur Carbonate, sonder auch schwerlösliche Sulfate (SO42-), z.B. Bariumsulfat (BaSO4) fallen im Aquarium aus. Bei einem pH von ca. 8 fallen Stoffe auch als schwerlösliche Hydroxide aus, z.B. Eisenhydroxid (Fe(OH)3). Andere schwerlösliche Verbindungen sind möglich, sollen hier aber nicht weiter aufgezählt werden.

In Tabelle 1 ist die maximale Menge von verschiedenen Verbindungen dargestellt, welche sich bei 25°C in Wasser lösen (teilweise aus dem Löslichkeitsprodukt berechnet). Es sollte hierbei unbedingt beachtet werden, dass sich solche Verbindungen zum Teil erst nach Zugabe der entsprechenden Komponenten durch den Aquarianer bilden können und anschließend als schwerlösliche Verbindungen ausfallen.

Element Verbindung
mg/L
mg/L
Calcium CaCO3 15,3
6,1 Ca2+
Magnesium MgCO3 1770
424,8 Mg2+
Strontium SrCO3 11,18
5,1 Sr2+
Eisen (II) FeCO3 0,58
0,3 Fe2+
Eisen (III) Fe(OH)3 3,5*10-19
1,8*10-19 Fe3+
Silber Ag2CO3 24,9
4,0 Ag+
Silber AgCl 1,82
1,4 Ag+
Barium BaCO3 17,73
12,3 Ba2+
Barium BaSO4 2,34
1,4 Ba2+
Mangan MnCO3 65,26
31,5 Mn2+
Mangan Mn(OH)2 1,94
1,2 Mn2+
Zink ZnCO3 11,5
6,0 Zn2+
 Tab. 1: Übersicht über die Löslichkeit von verschieden Verbindungen und Mineralien bei 25°C
 
Verfolgt man den Calciumgehalt im Meerwasser (z.B. Tropftest), so verringert er sich, wenn keine Ergänzung der Calcium-Ionen erfolgt. Dies geschieht nicht nur im Aquarium, sondern auch, wenn frisch angesetztes Meerwasser im einem sterilen Behälter ohne Belüftung und Strömung absteht. Wird der Behälter zusätzlich belüftet oder stark bewegt, fällt der Calciumgehalt schneller und es bilden sich weiße Ablagerungen an den Scheiben, Pumpen etc. Woran kann dies liegen? Calcium fällt u.a. als Calciumcarbonat (CaCO3) aus und zwar ab einer Konzentration von über 6,1 mg/L Ca2+ (siehe Tabelle 1). Im Meerwasser liegt der Calciumgehalt deutlich höher, meist über 400 mg/L somit fällt theoretisch solange Calciumcarbonat aus, bis entweder der Calciumgehalt kleiner/gleich 6,1 mg/L ist oder kein Carbonat-Ion (CO32-) mehr zu Verfügung steht, wenn keine Calciumergänzung erfolgt. Somit sinkt der Gehalt an Calcium und Carbonat, auch ohne dass die Lebewesen im Meerwasseraquarium Calcium aufnehmen. Der Feststoff, sinkt zu Boden oder wird z.B. mit einem Schnellfilter abfiltriert. Nur wenn ständig Ca2+-Ionen ergänzt werden, unabhängig von der Methode, kann der Calciumgehalt im Meerwasseraquarium stabil bei über 400 mg/L gehalten werden. Dazu muß die Menge an Calcium-Ionen ergänzt werden, welche zum einen von den Lebewesen aufgenommen wird und zum anderen ausfällt.

Sehr deutlich zeigt sich die Problematik bei dem Element Eisen (Fe). Eisen-Ionen werden in zweierlei Formen in der Aquaristik eingesetzt. Die zweiwertige Form (Fe2+) dient vor allem den Pflanzen als Nährstoff. Leider ist es nicht stabil und oxidiert mit Sauerstoff (stark vereinfacht: rostet) zum dreiwertigen Eisen (Fe3+). Dieses fällt bei einem pH von 8 als Eisenhydroxid (Fe(OH)3), quantitativ aus, d.h. vereinfacht: vollständig. Eine Zugabe von Eisenionen, egal ob zwei- oder dreiwertig, sorgt direkt zu einer Ausfällung im Meerwasseraquarium, bevor es von Korallen, Algen etc. aufgenommen werden kann. Die Löslichkeit liegt bei 1,8*10-19 mg/L Fe3+, d.h. bei 0,00000000000000000018 mg/L, praktisch nichts. Nur eine Komplexierung der Eisen-Ionen vor der Zugabe kann dies verhindern.

Eine Ergänzung von Strontium (Sr) im Meerwasseraquarium wird oft praktiziert, vor allem in Steinkorallenaquarien. Der Gehalt von Strontium bleibt nicht unverändert, er verringert sich im Meerwasseraquarium, wenn keine Ergänzung erfolgt. Ab einer Konzentration von 5,1 mg/L Strontium beginnt die Ausfällung von Strontiom-Ionen (Sr2+) u.a. als Strontiumcarbonat (SrCO3).

Bei der Zugabe von Elementen im Meerwasseraquarium, sei es in größeren Mengen (z.B. Ca2+) oder im Spurenbereich, sollte man immer bedenken, dass einige Stoffe schneller aus dem Aquarienwasser als schwerlösiche Feststoffe ausfallen, als sie von den Lebewesen aufgenommen werden können.

 

Nachdosierung
Die Zugabe von Mineralien sollte also in kleinen Mengen erfolgen, dafür aber öfter. Es ist effektiver, z.B. die Mineralienlösung täglich zu dosieren, statt nur einmal pro Woche. Die Wochendosis wird einfach durch sieben geteilt und täglich dosiert. Die Zugabe sollte zu Beginn der Beleuchtung zugesetzt werden, damit viele Lebewesen die Mineralien bei Licht verwerten können. Dies gilt vor allem für lichtbedürftige Korallen. Die Verwendung von Dosiereinrichtungen (z.B. Dosierpumpen) kann hier sehr hilfreich sein. Dadurch läßt sich die tägliche Menge noch weiter teilen. Aus eigenen Versuchsreihen zeigte sich, dass eine Dosierung alle 6 Std., mit Beginn der Hauptbeleuchtung, sehr effektiv ist, d.h. viermal pro Tag. Durch die geringen Zugabemengen kann die Ausfällung der Mineralien weitgehend verhindert werden, da die Sättigungsgrenze nicht erreicht wird. Es kommt zu keiner Ausfällung. Eine stündliche Dosierung ist das Optimum (24 mal täglich).

Weiterhin werden sogenannte "Spitzenkonzentrationen" verhindert. Durch eine einmalige Dosierung pro Woche stehen die Mineralien plötzlich in einer sehr hohen Konzentration zur Verfügung, vor allem an der Dosierstelle. Die Konzentration nimmt aber u.a. durch eine Ausfällung sehr schnell wieder ab und ist bis zur nächsten Dosierung sehr gering. Durch eine Verteilung der Dosiermenge entstehen keine Spitzenkonzentrationen mehr, sondern über einen langen Zeitraum ein gleichmäßiger Gehalt der Mineralien mit geringen Schwankungen im Aquarienwasser (siehe Abb. 3).


  Abb. 3: Unterschiedliche Dosiermöglichkeiten

Damit eine Ausfällung der Mineralien verhindert wird, sollte die Zugabe zusätzlich in einem Bereich mit starker Strömung erfolgen. Es läßt sich beobachten, dass an der Stelle der Zugabe sich eine, oft weiße, Verfärbung oder Trübung bildet. Dies ist bereits eine Ausfällung der Mineralien, da die Konzentration an diese Stelle zu hoch ist. Vor allem bei den Dosieren von einer klaren Calciumhydroxidlösung lässt sich dies beobachten. Bei zu geringer Strömung fällt bei der Dosierstelle (Eintropfstelle) u.a. weisses Calciumcarbonat aus. Weiterhin werden durch den lokal höheren pH-Wert andere Carbonate leicht mit ausgefällt.

Somit sollte die Dosierung von Mineralien nur in kleinen Mengen und in Bereichen mit starker Strömung erfolgen.
 


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Literatur:
Handbook of Chemestry and Physics, 56th Edition 1975-1976
Küster Thiel, Rechentafeln für die chemische Analytik, 103. Auflage, 1985
CD Römpp Chemie Lexikon – Version 1.0, Thieme Verlag 1995
Bemerkung: Die Löslichkeiten beziehen sich auf reines Wasser
 


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